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Migräne bei Kindern und Jugendlichen

Bei den unter 18-Jährigen kommt Migräne zwar deutlich seltener vor als bei Erwachsenen, aber Studien zeigen, dass die Zahlen steigen. Die Migräne-Symptome von Kindern und Jugendlichen weichen zum Teil von denen im Erwachsenenalter ab. Viele Medikamente dagegen sind aber für Kinder und Jugendliche (noch) nicht zugelassen. Du denkst, dass deine Tochter oder dein Sohn Migräne hat und willst darüber mit einer Ärztin oder einem Arzt sprechen? Mit der Curalie App oder der Web-Lösung digital doctor kannst du bequem zu Hause oder unterwegs eine Video­sprechstunde buchen.

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Nicht nur Erwachsene leiden an Migräne

Migräne trifft keineswegs nur Erwachsene. Aktuelle Studien zeigen vielmehr, dass Kopf­schmerzen auch unter Kindern und Jugendlichen zunehmen: Mehr als 52 % der Schulkinder in Deutschland haben Spannungskopfschmerzen, 12 % leiden an Migräne. Zahlen aus Finnland weisen in eine ähnliche Richtung: Hier waren in einer Untersuchung 71 % der Mädchen und 65 % der Jungen im 14. Lebensjahr von erheblichen Kopf­schmerzen betroffen. 13,8 % der Mädchen und 6,7 % der Jungen hatten Migräne.1 Kinder von Eltern mit Migräne haben darüber hinaus ein 2- bis 4-fach erhöhtes Risiko, ebenfalls an Migräne zu erkranken.

Wenden sich Eltern dann jedoch an eine Kinderärztin oder einen Kinderarzt, bekommen sie nicht selten zu hören, dass Migräne bei Kindern nicht heilbar und/oder keine Ursache für die Kopf­schmerzen zu finden sei, die behandelt werden können. Es trifft zwar zu, dass Migräne (auch bei Erwachsenen) nicht komplett heilbar ist, weil sich eine genetische Veranlagung dazu und ein infolgedessen übererregbares Nervensystem nie ganz „ausschalten“ lässt. Es stimmt aber ganz und gar nicht, dass für Kinder keine Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Mit bestimmten Verhaltensänderungen und geeigneten Medikamenten kann die Anzahl der Migräne-Attacken auch bei Kindern gesenkt werden. Sollte also deine Tochter oder dein Sohn betroffen sein, wende dich am besten an eine Kopfschmerzambulanz oder ein Kopfschmerzzentrum in deiner Nähe. Erkundige dich aber vorher, ob und ab welchem Alter Kinder und Jugendliche dort behandelt werden.

Bei Kindern verläuft eine Migräne anders

Wenn Kinder Kopf­schmerzen entwickeln, handelt es sich in den meisten Fällen um Spannungskopfschmerzen (mehr über diese Kopfschmerzform erfährst du hier). Nur 4–5 % aller Kinder leiden an Migräne. Einen ersten Hinweis darauf, dass es sich um Migräne im Kindesalter handeln könnte, liefert die Antwort (der Eltern) auf folgende Frage: Besteht zwischen den Attacken vollständige Kopfschmerzfreiheit? Trifft dies zu, spricht das für eine Migräne im Kindesalter. Trifft dies nicht zu, kommt es darauf an, andere Erkrankungen, die für die Kopf­schmerzen ebenfalls verantwortlich sein könnten, durch zusätzliche Untersuchungen auszuschließen. Dabei kann es vor allem um folgende neurologische Diagnosen gehen:

  • Infektionen
  • Entzündungen
  • Fehlbildungen im Gehirn, z.B. ein Hydrozephalus („Wasserkopf“)
  • Tumore

Wichtig: Die meisten neurologischen Erkrankungen dieser Art kommen bei Kindern sehr selten vor. Es sollte aber grundsätzlich ärztlich abgeklärt sein, dass ein Kind sonst körperlich und psychisch gesund ist, bevor die Diagnose Migräne gestellt wird. Da Kinder aber im Vergleich zu Erwachsenen noch relativ wenig Migräne-Attacken erlebt haben und diese noch nicht so gut in Worte fassen können, sind Beobachtungen der Eltern und Schilderungen, die sie vielleicht von ihren Kindern gehört haben, in diesem Zusammenhang äußerst wichtig und wertvoll.

Generell halten Migräne-Attacken bei Kindern nicht so lange an wie bei Erwachsenen. Studien haben außerdem gezeigt, dass die Dauer für die weitere Behandlung von Kindern deutlich weniger relevant ist als bei Erwachsenen. Migräne-Attacken treten bei Kindern häufig beidseitig auf. Sie entwickeln ebenfalls Begleitsymptome, die deutlich stärker ausgeprägt sein können als bei Erwachsenen, z.B.:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Durchfall
  • Licht-, Lärm und/oder Geruchsempfindlichkeit

Bei Kindern können aber noch viele weitere Begleitsymptome hinzukommen, z.B.:

  • Bauch­schmerzen
  • Herzrasen (Tachykardie)
  • Blasse oder gerötete Haut
  • Durst und/oder Hunger
  • Starker Harndrang
  • Müdigkeit (häufiges Gähnen)
  • Erhöhte Temperatur
  • Ausgeprägte Unruhe

Einige Kinder haben auch nur eine „Bauchmigräne“ (abdominelle Migräne), begleitet von Blässe, Appetitlosigkeit, Übelkeit und/oder Erbrechen und Bauch­schmerzen.

Bei wie vielen Kindern sich eine Aura entwickelt, konnte in Studien noch nicht endgültig geklärt werden. Die Zahlen schwanken zwischen 9 % und 50 %. Dass auch Kinder überwiegend visuelle Störungen haben, schein jedoch festzustehen. Zusätzlich kann es bei Ihnen zu Augenzittern (Nystagmus) Sprachstörungen (Dysarthrien), sensorischen Störungen und/oder eine akuten Verwirrtheit („Alice im Wunderland“-Syndrom) kommen.

Migräne-Behandlung bei Kindern: Verhaltenstherapie steht im Vordergrund

Während Erwachsene mit einem Migräne-Tagebuch herausfinden können, welche Einflüsse bei ihnen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich eine Migräne-Attacke entwickelt (mehr dazu erfährst du in diesem Abschnitt), kann die Suche nach solchen „Triggerfaktoren“ bei Kindern kompliziert werden. Einige Verhaltensmaßnahmen haben sich mittlerweile aber auch bei ihnen als wirksam erwiesen:2

  • Den Tagesablauf regelmäßig gestalten: Dazu gehören z.B. feste Ruhephasen und feste Zeiten, wann das Kind abends ins Bett gehen und morgens aufstehen soll.
  • Gesund und ausgewogen essen: Frühstück, Mittagessen, Abendbrot, keine dieser Mahlzeiten sollte nach Möglichkeit ausfallen, damit es auch beim Kind nicht zu Energiedefiziten und Blutzucker-Achterbahnfahrten kommt, die Migräne-Attacken begünstigen können. Bestimmte Lebensmittel wegzulassen, z.B. Schokolade, Käse, Zitrusfrüchte oder Milchprodukte, senkt die Anfallshäufigkeit bei Kindern dagegen nachweislich kaum beziehungsweise meist gar nicht.
  • Körperliche Überanstrengung vermeiden: Natürlich wollen und sollen Kinder toben und herumtollen. Sie brauchen aber auch ausreichend Schlaf und regelmäßig Pausen (siehe oben), um ihre „Akkus“ wieder aufladen zu können. Bleiben solche Ruhephasen zu häufig aus und/oder reiht sich ein Sportturnier ans nächste körperliche Kräftemessen, kann das Migräne-Anfälle begünstigen.
  • Medienkonsum begrenzen: Smartphone, Tablet, Computer, Fernseher, Spielekonsole, Kinder werden heute in einer digitalen Medienwelt groß, in der es rund um die Uhr etwas zu entdecken gibt. Die sogenannte Fear of missing out (FOMO), also die Befürchtung, Informationen, Ereignisse, Erfahrungen oder Entscheidungen zu verpassen, die das eigene Leben verbessern könnten, betrifft auch immer mehr Jugendliche und setzt sie unter Druck – Migräne inklusive. Mit dem Kind gemeinsam feste Medienzeiten zu vereinbaren, verlangt Eltern einiges ab, wirkt sich aber erwiesenermaßen positiv auf den Krankheitsverlauf aus.
  • Für frische Luft sorgen: Innenräume sollten regelmäßig gelüftet werden und Kinder sollten sich so oft wie möglich draußen aufhalten. Chemische Reizstoffe wie Autoabgase, Zementstaub, Kohlenstaub, Farbstoffe, Fabrikabgase, Chlorkohlenwasserstoffe, Formaldehyd, Lösungsmittel, Mehlstaub, Insektizide, Benzin und Ölprodukte, organische Phosphatverbindungen, Parfums, Deodorants und Holzstaub sind besonders potente Migräne-Auslöser und sollten möglichst gemieden werden.

Durch diese Maßnahmen nimmt die Anzahl der Migräne-Attacken bei Kindern und Jugendlichen häufig schon spürbar ab. Baut sich dann doch wieder eine auf, dürfen auch nicht erwachsene Patientinnen und Patienten Medikamente einnehmen. Aus verschiedenen Gründen kommen aber nicht alle Wirkstoffe infrage, die zur Verfügung stehen.

Migräne-Medikamente für Kinder

Da die allermeisten Arzneimittel vor ihrer Zulassung nicht an Kindern getestet wurden beziehungsweise solche Tests noch ausstehen, sollten Kinder Migräne-Medikamente ausschließlich in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt einnehmen. Außerdem sollten die Präparate so niedrig wie möglich dosiert und bei Beginn einer Attacke so früh wie möglich verabreicht werden.

Klagen Kinder während einer Migräne-Attacke auch über Übelkeit, raten Fachleute dazu, ihnen zuerst ein Antiemetikum zu geben, also ein Mittel, das den Brechreiz lindert. Der recht bekannte Wirkstoff Metoclopramid (MCP) ist für Kinder nicht geeignet. Gegen die Übelkeit sollten sie ausschließlich Domperidon bekommen.

Gegen die Kopf­schmerzen dürfen Kinder ein Analgetikum nehmen. Wichtig: Der Einsatz von Acetylsalicylsäure (ASS) wird bis zum 12. Lebensjahr nicht empfohlen. Die Schmerzmittel Ibuprofen und Paracetamol stehen dagegen auch für Kinder zur Verfügung. Verwende sie aber nur in Absprache mit der (Kinder-)Ärztin oder dem (Kinder-)Arzt und halte dich unbedingt an die in der Packungsbeilage genannten Dosierungen.

Von den Triptanen, die bislang in Deutschland auf dem Markt sind (mehr dazu erfährst du in diesem Abschnitt), sind zwei für die Behandlung der Migräne bei Kindern und Jugendlichen ab dem 12. Lebensjahr zugelassen: Sumatriptan und Zolmitriptan (jeweils als Nasenspray). Zu den Wirkstoffen Rizatriptan und Almotriptan liegen inzwischen ebenfalls umfangreiche Daten vor.3, 4 Sprich am besten mit deiner Ärztin oder deinem Arzt darüber. Kopf­schmerzen und Migräne-Attacken sprechen auch im Kindesalter gut auf eine individuell zugeschnittene Behandlung an.

Autor
Dipl.-Psych. Stephan Hillig

Stephan Hillig ist Diplom-Psychologe und Content-Manager bei Curalie. Er studierte Psychologie, Psychiatrie und Neurologie und arbeitete danach über zehn Jahre als Medizin-Journalist, Redakteur und Ressortleiter in verschiedenen Verlagen und für unterschiedliche Zeitschriften. Am liebsten schreibt er über Gesundheitsthemen, die zeigen, wie eng und kraftvoll Körper und Psyche miteinander verzahnt sind, sowie Texte, die Menschen dabei unterstützen, gesund zu bleiben oder schnell wieder zu werden.

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Medizinisch geprüft von
PD Dr. med. Lars Neeb Facharzt für Neurologie

PD Dr. med. Lars Neeb ist Facharzt für Neurologie und Medical Director der Helios Global Health GmbH und in dieser Funktion auch verantwortlich für Curalie als Tochtergesellschaft der Helios Global Health. Er war über 18 Jahre an der Charité Universitätsmedizin Berlin tätig, zuletzt als Oberarzt in der Klinik für Neurologie, wo er sich 2020 habilitierte. Er beschäftigt sich auch wissenschaftlich mit digitaler Medizin und leitete neben seiner klinischen Tätigkeit das Innovationsfondsprojekt SMARTGEM an der Charité. Seine persönliche Motivation ist es, mit digitaler Medizin einen Mehrwert für Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte zu schaffen und die medizinische Versorgung durch neue hybride Versorgungsformen langfristig zu verbessern.

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Quellen

  1. Sillanpää M, Piekkala P. Prevalence of migraine and other headaches in early puberty. Scand J Prim Health Care. 1984 Feb;2(1):27-32. doi: 10.3109/02813438409017698. PMID: 6545051.
  2. Ng QX, Venkatanarayanan N, Kumar L. A Systematic Review and Meta-Analysis of the Efficacy of Cognitive Behavioral Therapy for the Management of Pediatric Migraine. Headache. 2017 Mar;57(3):349-362. doi: 10.1111/head.13016. Epub 2016 Dec 28. PMID: 28028812.
  3. Evers S. The efficacy of triptans in childhood and adolescence migraine. Curr Pain Headache Rep. 2013;17(7):342.
  4. Bonfert M, Straube A, Schroeder AS, Reilich P, Ebinger F, Heinen F. Primary headache in children and adolescents: update on pharmacotherapy of migraine and tension-type headache. Neuropediatrics. 2013;44(1):3-19.

Stand: 05.2023